NUKLEARES PICKNICK

Das heutige Thema für Feinschmecker lautet: Wie man einen Holzkohlengrill
anzündet.
Jeder liebt Grillpartys. Aus unerfindlichen Gründen scheint Essen besser zu
schmecken, wenn es draußen zubereitet wird, wo Fliegen die Gelegenheit
hatten, ihre Eier darauf abzulegen. Es gibt jedoch nichts schlimmeres als zu
versuchen, einen Haufen widerspenstiger Holzkohle zu entzünden.
Der durchschnittliche Grillchef, der Hamburger zubereiten möchte, versucht
die Holzkohle mit der "spritzen, anzünden, warten"-Methode zum Glühen zu
bringen, wobei man den Grillanzünder auf die Grillbriketts spritzt, den
Stapel anzündet und wartet bis sie einheitlich grau geworden sind. Wenn ich
sage "bis sie einheitlich grau geworden sind", dann meine ich damit die
bereitgestellten Hamburger. Die Holzkohlenbriketts nämlich, werden so kalt
und leblos bleiben wie Leonard Nimoy (Mr. Spock). Der Grillchef macht so
lange weiter - spritzen, anzünden, warten, spritzen, anzünden, warten - bis
die Anzahl der Bakterien in den bereitgestellten Beilagen den Punkt erreicht
hat, daß sich der Kartoffelsalat aus der Schüssel erhebt und versucht sich
mit dem Mais zu paaren. Das ist dann das Zeichen, daß es an der Zeit ist das
Pizza-Taxi zu bestellen.
Das Problem rührt daher, daß moderne Holzkohlenbriketts unter derart
strengen Verbraucherschutzbestimmungen hergestellt werden, daß sie zu den
schwerstentflammbaren Substanzen dieser Welt zählen. Bereits mehr als einmal
haben schnelldenkende und patente Menschen es geschafft, lichterloh
brennende Häuser zu löschen, indem sie Holzkohlebriketts draufschütteten.
Der Grillchef könnte ebensogut versuchen einen Haufen Steine anzuzünden.

Gibt es eine Lösung? Ja! Es gibt eine Technik, die es garantiert die
Holzkohle sehr, sehr schnell zu entzünden - allerdings sollten Sie diese
Technik nicht ausprobieren, es sei denn, Sie erfüllen die folgende
Bedingung: Sie sind ein kompletter Idiot.
Ich erfuhr von dieser Technik durch einen Leser namens George Rasko, der mir
einen Brief schickte, über etwas, was er im World Wide Web entdeckt hatte.
Das ist ein Netzwerk, über das Sie unbedingt Bescheid wissen sollten, denn
während Sie diese Zeilen lesen, lädt sich Ihr 11-jähriger gerade
Pornographie von dort.
Wenn Sie sich mit dem World Wide Web verbinden, können Sie eine Unzahl
sogenannter elektronischer Seiten "webpages" ansehen, die aus Texten,
Bildern und Videos bestehen und von Leuten aus aller Welt erstellt werden.
Einer von ihnen heisst (wirklich) George Goble und er ist so ein
Computer-So-und-So an der Elektrotechnischen Fakultät der Universität von
Purdue. Jedes Jahr treffen sich Goble und ein Haufen anderer Ingenieure zur
Grillparty in West Lafayette, Indiana, wo sie Hamburger auf einem großen
Grill zubereiten. Als Ingenieure suchten sie nach praktischen Lösungen um
den Prozeß des Grillbrikettanzündens zu beschleunigen.
"Wir fingen damit an die Kohle mit einem Haartrockner anzublasen", erzählte
Goble mir bei einem Telefon-Interview. "Dann fanden wir heraus, daß es mit
einem Staubsauger noch schneller ging."
Wenn Sie etwas über (1) Ingenieure wissen und (2) über Männer im
Allgemeinen, können Sie sich denken, was passierte: Der Zweck der
Grillpartys verlagerte sich von der Zubereitung von Hamburgern weg und hin
zum Experiment wie schnell man Grillkohle entzünden kann.
Vom Staubsauger steigerten sie sich zu einer Propangas-Fackel, dann einer
Acethylen-Fackel. Dann fing Goble an, Sauerstoff aus Druckflaschen zu
verwenden, wodurch die Holzkohle schneller brannte; denn wie Sie bestimmt
noch aus dem Chemieunterricht wissen, ist Feuer im wesentlichen die schnelle
Kombination von Sauerstoff mit dem Cosinus aus Euphrat und Tigris (oder so
ähnlich).
Mit dieser Methode erreichte Goble schon recht gute Zeiten. Aber in der Welt
des wettbewerbsmäßigen Grillkohleanzündens ist "recht gut" noch nicht das,
womit es ein Ingenieur bewenden läßt. Also kam Goble auf die Idee - halten
Sie sich fest - flüssigen Sauerstoff zu verwenden. Das ist die Form von
Sauerstoff, wie er in Raketenantrieben verwendet wird. Seine Temperatur
beträgt 295 Grad Fahrenheit unter Null und er hat die 600fache Dichte
normalen Sauerstoffs. Um die freiwerdende Energie mal anders auszudrücken:
Flüssigen Sauerstoff auf Holzkohle zu schütten, entspricht in etwa dem
Effekt, den Sie hervorrufen, wenn Sie ein lebendiges Eichhörnchen in einen
Raum mit 50 Millionen Labrador Retrievern werfen.
Auf Gobles Webseite (existiert nicht mehr), können Sie echte Photos

 

und ein Video von
Goble sehen, wie er einen Eimer, der an einer 3 Meter langen Holzstange
befestigt ist, benutzt, um 3 Gallonen (ca. 11 Liter) flüssigen Sauerstoffs
(nicht erhältlich in herkömmlichen Geschäften) auf einen Grill mit 60 Pfund
Holzkohle und einer brennenden Zigarette (zur Zündung) schüttet. Was folgt,
ist das beeindruckenste Holzkohlenfeuer, das ich je gesehen habe!
Einschließlich eines riesigen Feuerballs, der, nach Worten von Goble, 10.000
Grad Fahrenheit erreicht hat. Die Holzkohle war fertig zum Grillen - das muß
ein Weltrekord sein - in weniger als 3 Sekunden.
Es gibt dort auch ein Photo dessen, was passiert ist, als Goble die gleiche
Technik an einem klapprigen $2.88 Supermarkt-Grill ausprobierte. Alles, was
übrig geblieben ist, ist ein Kreis aus Holzkohle mit ein paar Stückchen
Metall darin. "Im wesentlichen ist der Grill verdampft", sagte Goble.

"Wir
dachten daran ihn zum Laden zurückzubringen um ihn zu reklamieren, zwecks
Kaufpreiserstattung."
Beim Betrachten von Gobles Videos und Photos wurde ich als Amerikaner zum
einen von tiefster Dankbarkeit erfüllt, daß ich nicht in der Nähe des
Ingenieur-Picknickplatzes lebe und zum anderen wurde mir klar, wie stolz ich
darauf sein kann, daß unser Land Bürger hervorbringt, die schneller für eine
Grillparty gerüstet und bereit sind, als Leute weniger fortschrittlicher
Nationen (Franzosen z.B.) an Zeit benötigen um einen Froschschenkel
auszuspucken.
Wird der 3-Sekunden Rekord jemals gebrochen werden? Werden Ingenieure eine
neue, noch effektivere Grillkohle-Entzündungs-Technologie entwickeln? Es ist
etwas, was wir alle fürchten sollten, wenn wir diesen Sommer draußen sitzen,
unsere Hamburger kauen und hin und wieder in Richtung West Lafayette,
Indiana blicken, Ausschau haltend nach einer pilzförmigen Wolke.